„Engel der Wandlung“
Paul Klees Engel zählen zu seinen beliebtesten Werken, sind poetische Lebenshelfer, die eine spirituelle Dimension in sich tragen. Als geflügelte Mischwesen, halb Mensch, halb Himmelsbote, schweben sie zwischen irdischer und überirdischer Existenz. Klee selbst beschrieb sie als „Farbflecken“, die den Übergang zwischen der sichtbaren und unsichtbaren Welt symbolisieren. Trotz ihrer himmlischen Attribute haben die Engel bei Klee menschliche Schwächen und Schönheitsfehler, sind vergesslich, hässlich, sorgenvoll oder verspielt. Da sie noch im menschlichen Dasein verankert und unvollkommen sind, kann sich jeder in ihnen wiederfinden, was zu ihrer großen Popularität beigetragen hat.
Die Engelsbilder Klees entstanden zwischen 1938 und 1940, seiner letzten Lebensphase, die von schwerer Krankheit, Anfeindungen der Nationalsozialisten und Exil geprägt war. So sind seine Engel Ausdruck und Spiegelbilder seiner Auseinandersetzung mit existenziellen Fragen am Übergang vom Leben zum Tod.
Auf der Grabplatte seines Vaters auf dem Berner Schosshaldenfriedhof ließ sein Sohn Felix Klee im Jahr 1946 den programmatischen Text seines Vaters einmeißeln:
„Diesseitig bin ich gar nicht fassbar
Denn ich wohne grad so gut bei den Toten
Wie bei den Ungeborenen
Etwas näher dem Herzen der Schöpfung als üblich
Und noch lange nicht nahe genug.“
Die renommierte Jung’sche Analytikerin und Psychotherapeutin Ingrid Riedel spürt in ihren meditativen Texten Klees Engelbildern nach. Sie zeigt mit ihren Betrachtungen, dass trotz der Tragik, die seine Engel umgibt, fast immer ein gelassenes Lächeln über ihnen schwebt – ein Zeichen von Versöhnung mit der Situation, das über sie ein wenig hinausgeht. In den für das Spätwerk Klees charakteristischen minimalistischen Engelszeichnungen werden Angst und Bedrohung spürbar, zugleich aber auch intellektuelle Distanz, Ironie und Witz. Inmitten von Krisen und Existenzfragen strahlen die Engel der Wandlung eine heitere Leichtigkeit aus und laden dazu ein, sich bei der Betrachtung auf eine innere, transformative Reise einzulassen.
„Die Stille des Engels“ Doku ARTE, F 2005 von Michael Gaumnitz
Eine außergewöhnliche Reise in die Welt eines der bedeutendsten und originellsten Maler des 20. Jahrhunderts, des großen Farb-Baumeisters Paul Klee (1879-1940), dessen Gesamtwerk nicht weniger als 9.000 Werke abseits der großen zeitgenössischen Strömungen in der Kunst umfasst. Ausgehend von seinen Schriften, dem Leben und den Werken Klees, führt der Film mitten hinein in das poetische Universum dieses visionären Künstlers und Avantgardisten, dem es auf der Suche nach Wesen und Wirkungsweise von Formen und Farben gelang, die gängigen Grundsätze in Komposition und Perspektive zu revolutionieren und den starren Gegenstand von figürlicher und abstrakter Darstellung zu überwinden.